Volksstimme: Großes Aufräumen im Sternsee
Großes Aufräumen im Sternsee und in der Gerüchteküche /
Viel Schrott auf dem Grund
Feuerwehrtaucher suchen großen Panzer, entdecken aber nur einen Mini-Tanklaster
02.04.2012 04:31 Uhr
Von Matthias Fricke . Volksstimme MD
Foto: M. Fricke
Rettungstaucherin Stefanie Neike bringt bei fast jedem Tauchgang Schrott mit an die Oberfläche. In diesem Fall einen Fahrradlenker. Insgesamt können an diesem Tag acht verrostete Räder, vier Einkaufswagen, ein Kinderwagen und anderes geborgen werden.
Zwei Teams der Rettungstaucher der Feuerwehr sind am Sonnabend einem hartnäckigen Gerücht rund um den Sternsee auf den Grund gegangen. Angeblich soll dort ein Panzer liegen. Stattdessen fanden die Taucher nur einen Tanklaster – als Modellauto.
Neu-Olvenstedt l Rettungstaucherin Stefanie Neike steigt im nur wenige Grad Celsius kalten Wasser des Sternsees ab. Die Wellen kräuseln sich unter den Windböen, allein das Zusehen vom Ufer aus lässt die Neu-Olvenstedter frieren. Stefan Rupprich hält die Leine, die direkt zur Taucherin führt. Die Spannung steigt. Luftblasen schäumen an der Oberfläche.
Steffen Kaden von der Magdeburger Berufsfeuerwehr und sein Team werden nicht das erste Mal gefragt: Und, habt ihr den Panzer schon gefunden? Etwas schnippisch antwortet der Feuerwehrmann: „Das ist schwierig, weil er mit einem Tarnnetz abgedeckt ist.“
Die Helfer und Feuerwehrmänner holen hier einen vom Taucher am Seil befestigten Einkaufswagen aus dem Wasser. |
Doch um so weiter die Taucher in Richtung Mitte Zentimeter für Zentimeter nach Schrott absuchen, desto spannender werden die Gegenstände, die ans Tageslicht kommen. Hier ein altes Fahrrad, an dem ein Funktelefon aus den 90er Jahren baumelt. Dazu kommt ein Spaten, eine Axt und wieder wird gelästert: „Na bitte, den Spaten und die Axt zum Panzer haben wir schon draußen.“
Die Taucher wollen nicht nur aufräumen, sie sorgen auch für Klarschiff in der Gerüchteküche. Denn mit einem Vorurteil kann Stefan Rupprich gleich aufräumen. Der ehemalige Steinbruch, der früher als Badeanstalt genutzt wurde, ist nicht wie behauptet mehr als 30 Meter tief. „Das sind etwa 12 bis 15 Meter“, schätzt er. Und auch was den Panzer betrifft, ist er sich recht sicher, dass dieser nicht hier auf dem Grund liegt. „Wir waren hier schon mehrmals bei Übungstauchgängen, das letzte Mal vor drei Jahren“, erklärt er. Panzer habe man keinen gesehen.
Feuerwehrmann Stefan Rupprich zeigt den kleinen Tanklaster, der im Rahmen der Aufräumaktion mit an die Oberfläche kam. |
Aber, was nicht ist, kann ja noch werden. Während die Taucher sich um den Grund des Sternsees kümmern, herrscht am Ufer reges Treiben. Angler, Mitglieder der Bürgerinitiative, der Freiwilligen Feuerwehr Olvenstedt und Mitarbeiter des Stadtgartenbetriebes packen am Ufer mit an und räumen auf. Alles ist generalstabsmäßig organisiert. Der Abfallwirtschaftsbetrieb hat Container bereitgestellt, um den geborgenen Schrott und Unrat gleich abtransportieren zu können.
Die Suche nach dem Panzer bleibt Nebensache. Selbst das DRK ist mit einem Rettungswagen vor Ort, um im Fall eines Unfalls gleich zur Stelle zu sein. Während die Frühjahrsputzhelfer arbeiten, verteilt Uta Siedentopf von der Freiwilligen Feuerwehr Olvenstedt Essenmarken. Auch dafür ist in großen Zelten gesorgt. So ein Panzer findet sich eben nur schwer mit leerem Magen.
Dann wird es aber doch noch zur Mittagszeit geschichtsträchtig. Die Taucher haben eine alte Treppe des früheren Schwimmbades an die Leine gebunden. Sie wird mit vereinten Kräften an Land gezogen.
Matthias Gehrmann, Chef der Bürgerinitiative Neu-Olvenstedt: „Der Geschichtsverein hat mich schon angerufen und gefragt, was wir gefunden haben.“ Kein Wunder, der See hat tatsächlich eine interessante Geschichte. Bereits 1914 hat sich an dem ehemaligen Steinbruch im Bördedorf Olvenstedt der Schwimmverein Stern gegründet. Es entstand am Ufer ein Badehaus, das Ende des Ersten Weltkrieges abgerissen wurde und worauf ein zweigeschossiges Haus mit Sonnenterrasse entstand. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es den Schwimmverein nicht mehr, die Badeanstalt erfreute sich auch in den 50er Jahren und 60er Jahren großer Beliebtheit. Später fehlten jedoch die Mittel für den Erhalt des Bades, so dass dieses eingestellt wurde. Die Reste wurden 1995 abgerissen. Die Geschichte des Sternsees wurde auf Tafeln festgehalten, aber von Unbekannten in den See geworfen.
Diese haben die Taucher nun ebenfalls wieder an Land gebracht. Matthias Gehrmann: „Wir werden sie säubern und wieder aufbereiten.“ Insgesamt können mehr als 20 Kubikmeter Schrott und Unrat, darunter vier Einkaufswagen, acht Fahrräder, ein Roller und ein Kinderwagen geborgen werden. Nur ein Panzer wird nicht gesichtet. „Wir hatten auch eine Unterwasserkamera im Einsatz. Die Bilder müssen aber noch ausgewertet werden“, so Gehrmann. Da aber nicht der ganze See an diesem Tag untersucht werden konnte, soll eine Fortsetzung am 23. Juni folgen.
Derweil bemüht sich der Magdeburger Anglerverein um die Pacht des Sees. Mike Garbe vom Vorstand: „Es gibt bereits Verhandlungen über Verträge.“ Sollten diese zum Abschluss kommen, ist auch ein neuer Besatz des Gewässers vorgesehen.“